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Jugend debattiert News

Auch Totenköpfe gehören manchmal dazu...

Aus dem Jd-Büro

Jugend debattiert im Gespräch mit unserem Evaluator Walter Schmoll, der das Projekt seit Beginn an wissenschaftlich begleitet und auswertet:

Jugend debattiert:Herr Schmoll, Sie evaluieren seit vielen Jahren das Projekt Jugend debattiert und werten jedes Schuljahr hunderte Befragungsbögen mit den Meinungen von Schülern und Lehrer dazu aus. Was genau untersuchen Sie da alles und mit welchem Ziel?

Walter Schmoll: Zunächst einmal geht es darum zu erfahren, ob Jugend debattiert bei den über 150.000 Schülerinnen und Schülern überhaupt so ankommt, wie sich die Veranstalter das wünschen. Jugend debattiert soll ja vor allem Spaß machen und auf zwanglose Weise Fähigkeiten vermitteln, die unser Zusammenleben besser machen. An den Antworten in den Fragebögen, vor allem auch in den freien Feldern, kann man gut ablesen, ob das gelungen ist oder nicht. Die Schülerinnen und Schüler nehmen hier glücklicherweise kein Blatt vor den Mund. Gerade für ein Projekt, das überwiegend im normalen Unterricht stattfindet, sind die Ergebnisse recht gut. Hin und wieder findet sich aber auch mal das Gegenteil: Totenköpfe als Kommentar sind zuweilen auch recht beliebt…

Jd: Gab es im vergangenen Schuljahr eine besondere Rückmeldung der Teilnehmer? Wo wird gelobt und wo hagelt es Kritik?

WS: Interessant ist schon seit einigen Jahren, dass sich Schülerinnen und Schüler aller Wettbewerbsebenen immer stark für aktuelle politische oder ethische Streitfragen aussprechen und eher selten für Fragen, die den Schulalltag betreffen oder sonst irgendwie schülergerecht ausgerichtet sind. Die politische Aktualität der Fragestellungen motiviert anscheinend immer noch am meisten zum Debattieren. Kritik hagelt es eigentlich selten. Es fällt aber auf, dass besonders die Regionalsieger und Landessieger nach ihrem Siegerseminar manchmal etwas erstaunt sind, wie selbstverständlich ihnen die Regeln und Strukturen von Jugend debattiert inzwischen erscheinen im Gegensatz zur Unterrichtsreihe in der Schule. Die wesentlichen Anforderungen des Formats werden nach dem Seminar nicht mehr als Zwang empfunden, sondern eher als Voraussetzungen für spannende Debatten.

Zum zweiten Teil der Frage: Schön ist, dass immer mehr Schüler die Leistung ihrer Lehrkräfte anerkennen. Auch Schülerinnen und Schüler, die selbst nicht debattiert haben, loben häufig das Engagement ihrer Lehrerinnen und Lehrer. Vor allem, dass diese sich eigens für Jugend debattiert fortbilden lassen, bevor sie Jugend debattiert durchführen, wird von den Schülerinnen und Schülern geschätzt.

Jd:Gibt es Punkte, die von den verschiedenen Geschlechtern oder Altersgruppen unterschiedlich bewertet werden?

WS: Die Altersgruppen unterscheiden sich in ihren Einschätzungen verblüffend wenig. Die Geschlechter dagegen schon: Der persönliche Erfolg im Wettbewerb wird von Mädchen deutlich seltener als Motiv genannt, am Wettbewerb teilzunehmen. Häufiger begründen sie ihre Begeisterung fürs Debattieren damit, einfach Spaß am gemeinsamen Debattieren mit unterschiedlichsten Menschen zu haben. Auch sind Mädchen generell etwas eher bereit, Veränderungen im Privatleben mit Jugend debattiert in Zusammenhang zu bringen.

Jd: Eine Frage, die uns immer wieder gestellt wird, betrifft das Geschlechterverhältnis. In diesem Bundesfinale standen sieben Jungs und nur ein Mädchen auf der Bühne. Woran liegt es Ihrer Analyse nach, dass die männlichen Schüler dominieren?

WS: Das ist eine sehr schwierige Frage, die seit Jahren von vielen Projektbeteiligten ganz kontrovers diskutiert wird. Aus Sicht der Evaluation lässt sich sagen, dass von manchen Jurys immer noch bestimmte Verhaltensweisen in einer Debatte bei Jungen eher positiv bewertet werden als bei Mädchen. Das ist natürlich völlig an den Kriterien vorbei und sollte durch gute Jurorenschulungen in Zukunft noch wirkungsvoller vermieden werden.
Aber auch die Form des Debattierens unter Wettbewerbsbedingungen spielt eine Rolle. In der Altersgruppe II haben rein statistisch mehr Jungen Interesse, am weiteren Wettbewerb bei Jugend debattiert teilzunehmen als Mädchen. Warum das so ist, lässt sich nur schwer sagen. Vielleicht passt Debattieren nicht so gut zum Selbstverständnis vieler Mädchen in diesem Alter.

Jd: Ein weiterer Dauerbrenner sind die Debattenpositionen, die oft nicht der eigenen Meinung entsprechen. Wie kommt das bei den Teilnehmern an?

WS: Spannendes Thema! Es kommt ganz unterschiedlich an. Sowohl bei den Schülerinnen und Schülern als auch bei den Lehrkräften gibt es hierzu ganz unterschiedliche Meinungen. Die Teilnehmer an der Bundesqualifikation in Berlin haben generell die geringsten Schwierigkeiten mit dem Vertreten einer Position, die nicht der persönlichen entspricht. Immer wieder betonen gerade Landessieger, dass sie damit verblüffende Erfahrungen gemacht hätten. Nicht selten sei ihnen erst beim Vertreten einer solchen Position klar geworden, warum es durchaus sinnvoll ist, die entsprechende Position zu vertreten.

Jd: Vielen Dank für das Gespräch.

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© Walter Schmoll