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Jugend debattiert News

Debatte als Mittel internationaler Verständigung

Allgemeines

„Vielfalt wagen – mit Deutsch“, so lautet das Motto der Internationalen Tagung der Deutschlehrer:innen Ende Juli in Lübeck. Jugend debattiert wird dort am 28. Juli mit einer Schaudebatte vertreten sein. Über die Rolle von Debatten bei der internationalen Verständigung und ihre Bedeutung für die Stärkung von Demokratien weltweit haben wir mit Matthias Baumann, Referent in der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen im Bundesamt für Auswärtige Angelegenheiten (ZfA), gesprochen.

Herr Baumann, was schätzen Sie an Jugend debattiert?

„Für uns in der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen (ZfA) bietet Jugend debattiert eine einzigartige Kombination aus Sprachförderung und demokratischer Bildung. Als vermittelte Lehrkraft im Programm „Deutsches Sprachdiplom (DSD)“ in Brasilien stellte ich schon vor über zehn Jahren fest, wie gut der Wettbewerb auf die argumentativen Teile der DSD-Prüfung vorbereitet. Darüber hinaus lernen die Schülerinnen und Schüler aber auch, verschiedene Positionen einzunehmen und Standpunkte zu vertreten, die oft nicht ihre eigenen sind. Das ist für viele junge Leute in den nun 32 Ländern, in denen der Wettbewerb weltweit durchgeführt wird, eine ganz neue und prägende Erfahrung.“

Welche Chance bieten Debatten-Formate für Menschen, die Deutsch als Fremd- oder Zweitsprache lernen?

„Eines der Hauptziele eines modernen Fremdsprachenunterrichts ist das Einüben authentischer Kommunikationssituationen. Dabei sind Debatten-Formate enorm hilfreich – in unserem Alltag müssen wir ja eigentlich permanent etwas aushandeln, wir versuchen, unserem Gegenüber mit guten Argumenten unseren Standpunkt darzulegen und wir müssen dabei oft spontan und schlagfertig reagieren. Diese Fähigkeiten vermittelt Jugend debattiert in idealer Weise. Zudem wird den Schülerinnen und Schülern über die reine Sprachvermittlung hinaus eine kooperative Diskussionskultur nahegebracht. Die kognitive Leistung, eine komplett andere Perspektive einzunehmen, trägt sicherlich sowohl zur Sprach- als auch zur Persönlichkeitsbildung bei.“

Ist das Interesse an Debatten auf Deutsch international eher gestiegen oder hat es abgenommen?

„Es ist auf jeden Fall so, dass stets einige Überzeugungsarbeit zu leisten ist, wenn Jugend debattiert neu in einem Land eingeführt wird. Lehrkräfte stehen unter einigem Druck, die curricularen Inhalte bei nur wenigen zur Verfügung stehenden Unterrichtsstunden adäquat mit den Schülerinnen und Schülern einzuüben. Und so kann Jugend debattiert zuerst als eine zusätzliche Belastung empfunden werden, die einem wertvolle Unterrichtszeit raubt. Wir stellen aber fest, dass diese Bedenken sehr schnell zerstreut werden. Jugend debattiert lässt sich so gut in die Vorbereitung auf das DSD einbauen und der Mehrwert im Bereich der Vorbereitung auf das schriftliche und mündliche Argumentieren ist so groß, dass die Lehrkräfte schnell mit Begeisterung bei der Sache sind. Daher wächst der weltweite Wettbewerb auch ständig, zum Beispiel werden in diesem Jahr erstmals die Länder Griechenland, Spanien und Türkei im Europafinale vertreten sein. War der Wettbewerb früher eher auf Mittel- und Osteuropa fokussiert, wird er nun immer mehr zur gesamteuropäischen Veranstaltung, was uns sehr freut.“

Welche Rolle können Debatten bei der internationalen Verständigung spielen?

„Unsere Alumnae und Alumni melden uns immer wieder zurück, dass der Austausch mit den Jugendlichen aus verschiedenen Ländern während des Europafinales ein sehr großer Gewinn für sie war. Im Laufe der Finalwoche tauschen sich die Debattantinnen und Debattanten intensiv aus, finden eine gemeinsame Gesprächsbasis und lernen verschieden kulturelle Perspektiven auf ein Thema kennen. Den Perspektivwechsel, der bei Jugend debattiert essenziell ist, muss ich auch noch einmal betonen: Standpunkte zu vertreten, die nicht der eigenen Meinung entsprechen, fördert eine Flexibilität im Denken, die für die internationale Verständigung unabdingbar ist.“

Wie wichtig sind Debatten für die Stärkung der Demokratie, die weltweit unter Druck geraten ist?

„Mit Jugend debattiert wird lebendig, was vielen eventuell abstrakt erscheinen mag: Was Demokratie wirklich ausmacht. Die Jugendlichen erleben ganz praktisch und aber auch mit einem spielerischen Wettbewerbscharakter, wie bedeutsam das Recht auf Meinungsäußerung, die Pflicht zur Begründung von Positionen und der respektvolle Umgang mit anderen Meinungen sind. Es ist sicherlich kein Zufall, dass viele Alumnae und Alumni des Wettbewerbs sich anschließend sozial und politisch engagieren. Sie haben durch Jugend debattiert erfahren, dass Demokratie aktiv mitgestaltet werden muss – und dass dies auch für jeden einzelnen möglich ist. Im weltweiten Wettbewerb kommt noch als wunderbarer Nebeneffekt hinzu, dass ein länderübergreifendes Netzwerk an Personen aufgebaut wird, die an die Demokratie glauben und sie aktiv leben. Und dass sie diese Haltung auch in ihre jeweiligen Länder hineintragen.“  

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