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Jugend debattiert News

Schweden & Polen: Jugend debattiert in Europa

Allgemeines

Bei den Europafinaltagen von Jugend debattiert treten Jugendliche aus vielen europäischen Ländern gegeneinander an. Zuletzt kamen die Besten aus Europa Ende September in Berlin zusammen, darunter auch Jugendliche aus Schweden und Polen. Anne Sander, Fachberatung für Schweden, und Henning Christiansen, Fachberatung für Polen, von der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen haben uns einen Einblick in den Jd-Wettbewerb in ihren Ländern gegeben.

Inwiefern trägt Jugend debattiert in Schweden und Polen zur Stärkung der Debattenkultur bei?

Anne Sander: „In den schwedischen Medien fiel im letzten Jahr häufig das Wort ‚åsiktskorridor‘ in Zusammenhang mit der Meinungsfreiheit in Deutschland. Der schwedische Begriff ‚åsiktskorridor‘ meint eine Reduzierung des politischen Diskurses auf Äußerungen, die ohnehin gesellschaftlich weitestgehend akzeptiert sind. Jugend debattiert trägt dazu bei, diese Voreingenommenheit gegenüber deutscher Streitkultur zu reduzieren. Auf der schulischen Ebene ist das Jugend debattiert-Programm ein unglaublich hilfreiches Instrument, die Schülerinnen und Schüler sprachlich zu einer ausgewogenen sachlichen Debatte zu befähigen. Das wissen hier alle zu schätzen!“

Henning Christiansen: „Jugend debattiert trägt in Polen auf unterschiedlichen Ebenen zur Stärkung der Debattenkultur bei. In einer modernen, durch Medienkonsum geprägten Gesellschaft mit zunehmend polarisiertem politischen Klima stärkt das Programm zentrale, demokratische Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler. Auf der einen Seite fördert es das aktive Zuhören und Geltenlassen anderer Meinungen sowie den respektvollen und sachlichen Umgang mit der Gegenposition; auf der anderen Seite die Entwicklung von individuellen und sprachlichen Kompetenzen der teilnehmenden Jugendlichen. Wer schon einmal an einer Jd-Debatte teilgenommen hat, arbeitet mit anderem Gehör und Selbstvertrauen, was ich als einen zentralen Punkt der Debattenkultur ansehe.“

Wie hat sich das Interesse an Jugend debattiert in Schweden und Polen entwickelt?

Anne Sander: „Das Interesse an Jugend debattiert und die Wertschätzung des Programmes seitens der Lehrkräfte in Schweden ist weiterhin sehr hoch. Allerdings ist der Spielraum, innerhalb dessen das Programm an Schulen umgesetzt werden kann, begrenzt. Im dreijährigen Gymnasium liegt der Fokus leider immer weniger auf dem Erlernen weiterer (neben Englisch) moderner Fremdsprachen. Umso mehr Respekt habe ich vor den Landesfinalistinnen und -finalisten, die zum einen das nötige Ausdrucksvermögen im Deutschen mitbringen und zum anderen noch die enorme Sachkenntnis zeigen, die bei den Europafinaldebatten gefragt ist.“

Henning Christiansen: „Seit dem ersten Durchgang im Schuljahr 2004/2005 – damals noch als Pilotprojekt der Hertie Stiftung und der ZfA an den von uns betreuten Schulen, die das Deutsche Sprachdiplom DSD anbieten – haben zunehmend mehr polnische Schülerinnen und Schüler an Jugend debattiert teilgenommen. Es ist zu einem festen Bestandteil des Schuljahreskalenders an den polnischen Sprachdiplom-Schulen geworden.

Das Interesse wird stark von motivierten und hochqualifizierten Deutsch-Lehrkräften geweckt. Sie nehmen Jugend debattiert oft in ihren Unterricht auf oder bieten es als Arbeitsgemeinschaft an. Hinzu kommt der Wettbewerbsaspekt, sich mit anderen Schulen und Deutschlernenden zu messen. Die Tatsache, dass den Siegerinnen und Siegern eine Reise zum europäischen Finale nach Berlin winkt, motiviert zusätzlich. Außerdem sind die Jd-Alumni/ae in Polen eine eingeschworene Gemeinschaft, die jedes Jahr aufs Neue mit unheimlich viel Energie und Freude den Wettbewerb durch ihr Engagement für die Teilnehmenden bereichern.“

Welche Themen haben bei Jugendlichen in Schweden und Polen zurzeit Priorität?

Anne Sander: „Zwei Themen haben in den letzten Jahren eine große Rolle gespielt: Zum einen ist das die Herabsetzung der Strafmündigkeit von 15 auf 13 Jahre. Aufgrund der organisierten Bandenkriminalität und der damit verbundenen Rekrutierung von Kindern sieht die Regierung sich gezwungen, zu handeln. Ein Vorschlag ist, bereits 13-Jährigen harte Haftstrafen anzudrohen. Die Kontroverse um diesen Vorschlag lässt die Gleichaltrigen nicht unberührt.

Das zweite Thema ist die Handynutzung. Schweden vollzieht eine Kehrtwende in der schulischen Digitalisierungsstrategie und sieht die frühzeitige Nutzung von Smartphones, auch im Lernkontext, immer kritischer. Daher will die Regierung ein Handyverbot an Grundschulen einführen, welche hier die Klassen 1-9 einschließen. Auch 15-16-Jährige dürften dann ab nächstem Jahr landesweit keine Handys an der Schule nutzen. Sicherlich wäre das eine große Veränderung für viele Heranwachsende.“

Henning Christiansen: „Ich denke, dass die Themen bei polnischen Jugendlichen ähnlich ausfallen wie bei deutschen. Da sind die in die Zukunft gerichteten Fragen nach Bildung, Studium und Beruf, aber auch die nach Klima und Nachhaltigkeit. Dazu kommen Themen wie Politik und Wirtschaft, aber auch der Umgang mit den Medien und KI sowie dem Leistungsdruck, dem sich die Schülerinnen und Schüler hier ausgesetzt fühlen. Alles in allem geht es darum, den eigenen Platz in der modernen, schnelllebigen Welt von heute zu finden.“

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